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Archiv: 22.03.2024: Stolpersteinverlegung - Ihre Namen kehrten zurück nach Kitzingen

Am letzten Schultag vor den Osterferien und genau einen Monat vor Beginn des Pessachfestes konnte Margret Löther, 1. Vors. des Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen in der Alten Synagoge Kitzingen schon morgens um 10 Uhr eine bunt gemischte Gesellschaft zur Verlegung von sechs Stolpersteinen begrüßen: neben Rabbiner Shlomo Zelig Avrasin, Jüdische Gemeinde Würzburg, fanden sich Oberbürgermeister Stefan Güntner und die Paten und Patinnen der Stolpersteine ein, Mitglieder des Fördervereins, Vertreterinnen von „Inner Wheel“ sowie zwei Schulklassen. Die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Mittelschule Siedlung waren bereits im September mit Frau Löther „auf den Spuren (des 15jährigen) Otto Oppenheimer“ durch die Stadt gelaufen. Sie entschlossen sich zur Spende eines Stolpersteins am Ende ihrer Schulzeit und gestalteten die Zeremonie entscheidend mit: neben Liedbeiträgen stellten sie in Wort und Bild die Biographien der Ermordeten vor. Das Schicksal der Handarbeitslehrerin Frieda Roßmann, der dreiköpfigen Familie Stein, des Weinhändlers Max Stern, das des Geschäftsmannes Moritz Lustig und seiner Frau Betty aus ihrer Stadt berührte die Jugendlichen offensichtlich. Die 1. Vorsitzende sah bei diesen Jugendlichen das Vermittlungsziel des Fördervereins erreicht: „sich informieren – erinnern – gedenken – begegnen – sich auseinandersetzen – handeln“ und bedankte sich vor allem auch bei den engagierten Lehrerinnen. Vor 20 Jahren verlegte der Künstler Gunter Demnig die ersten 10 Stolpersteine in Bayern hier in Kitzingen – dank der Privatinitiative von Claudia Gonschorek. Auch die jüngste Verlegung organisierte diese in Zusammenarbeit mit der Stiftung Stolpersteine Gunter Demnigs, mit der Stadt und dem Bauhof Kitzingen. Die Gäste erfuhren, dass inzwischen mehr als 100 000 Stolpersteine europaweit liegen und in Kitzingen gerade die 100er-Marke überschritten wurde – 100 Gedenksteine für 100 aus Kitzingen vertriebene und ermordete jüdische Menschen. Rund 80 Jahre später hatten sich mehr Menschen eingefunden, als bei den meisten vorherigen Verlegungen. Sie setzten damit ein positives Zeichen der Menschlichkeit, einmal rückwirkend in die Vergangenheit: die dem Unrecht einer faschistisch gelenkten Gesellschaft ausgesetzten Juden und Jüdinnen sollen wenigstens in Erinnerung bleiben. Zum Anderen signalisierten sie, wie sie in Gegenwart und Zukunft miteinander  mgehen und leben wollen: menschenwürdig, menschlich, tolerant, in Freiheit und Frieden. Nach einer kurzen Pause bei Berches (nach einem traditionellen fränkisch-jüdischen Rezept) und Ostereiern bewegte sich ein beachtlicher Menschenzug zur Schmiedel- , Moltke- und Paul-Eber-Straße, wo die Mitarbeiter des Bauhofs die sechs Stolpersteine bereits ausgebracht hatten. Nach Jahrzehnten der Vergessenheit wurden die Namen der Ermordeten vor ihre ehemaligen Wohnungen zurückgeholt und Rabbiner Avrasin konnte Worte des Gebets für sie sprechen.

Rabbiner Shlomo Zelig Avrasin mit Claudia Gonschorek bei der Stolpersteinverlegung für Familie Stein
(Foto: Margret Löther)

Margret Löther, 1. Vors. Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen