Julius Brüssel wurde 1801 in Hollstadt als Sohn eines Metzgers geboren. Seit 1830 war er Religionslehrer und Vorsänger in Segnitz. 1848 gründete er dort eine „Privat- Erziehungs- und Unterrichtsanstalt für jüdische der Werktagsschule entlassene Söhne welche sich dem Handelsstande widmen wollen, incl. Pensionath.“
Julius Brüssel
Julius Brüssel wurde am 8. Dezember 1801 als Sohn des Metzgers und „Schmusers“ Moses/Moises Brüssel (auch Bressel) und seiner Ehefrau Jette, geborene Salomon, in Hollstadt bei Bad Neustadt an der Saale geboren. Moses Brüssel verstarb am 11. August 1835 im Alter von 81 Jahren. Seine Witwe Jetta Brüssel starb 80 Jahre alt am 7. Dezember 1843. Beide wurden auf dem jüdischen Friedhof in Kleinbardorf beigesetzt.
Julius Brüssel absolvierte eine Ausbildung zum Religionslehrer, Vorsänger, Schochet (Schächter) und Chasan (Kantor). In einem Bericht der „Localschulinspektion Segnitz“, des Pfarramts, an das Königliche Landgericht Ochsenfurt vom 9. Dezember 1828 heißt es, dass die „hiesige Judenschaft“ bisher mit Lukas (Louis) Treu 26 Jahre lang einen Religionslehrer hatte, der zugleich „das Geschäft als Vorsänger und Schächter“ versah. Treu war zu dieser Zeit aber bereits 60 Jahre alt und „nach altem Schlag, so unterliegt es keinem Zweifel, daß ein jüngerer, gut befähigter Mann, mehr leisten könnte und insoferne die Anstellung eines andern Lehrers zu wünschen wäre“. Große Sorgen machte der Schulaufsicht dabei aber die finanzielle Lage der Segnitzer Kultusgemeinde, die es sich voraussichtlich nicht leisten konnte, einen pensionierten und gleichzeitig einen aktiven Religionslehrer zu versorgen. Eine Verbindung mit der Marktbreiter Gemeinde war aufgrund der Sabbatgesetze nicht möglich und so empfahl man, den alten Lehrer vorerst noch im Dienst zu belassen und „erst nach Erledigung“ einen geeignet vorgebildeten Mann anzustellen. Offensichtlich „erledigte“ sich das Problem sehr bald; denn bereits mit Schreiben des Landgerichts vom 6. Oktober 1830 genehmigte die Königliche Regierung des Untermainkreises die Anstellung des von der jüdischen Gemeinde Segnitz vorgeschlagenen Bewerbers Julius Brüssel als Religionslehrer und Vorsänger.
Am 21. Januar 1834 heiratete Julius Brüssel die 1810 geborene Johanna, Tochter von Isaak und Krandel Lindner, aus Markt Erlbach. Aus der Ehe gingen 1839 Sophie und 1842 Moritz hervor. Julius Brüssel hatte sich inzwischen weitergebildet und am 7. August 1834 die Seminarabschlussprüfung als „Schuldienstexpektant“ für Elementarschulen bestanden. Zudem legte er am 26. April 1836 die praktische Ausbildung im Schulfach mit Erfolg ab. Damit war er neben seinem Religionslehrerdienst auch als Privatlehrer zugelassen. Einem Gesuch Brüssels beim Landgericht im Jahr 1847, eine „Privat- Erziehungs- und Unterrichtsanstalt für jüdische der Werktagsschule entlassene Söhne welche sich dem Handelsstande widmen wollen, incl. Pensionath“ zu eröffnen, wurde nach wohlwollender Rücksprache mit der Gemeinde Segnitz am 22. Februar 1848 entsprochen. In einer Beilage zum „Schwarzenberg`schen Wochenblatte“ machte Brüssel dann sogleich Werbung für seine Schule. Mit dem Kauf des Anwesens Haus Nr. 65 in der heutigen Mainstraße 26, dem „Cours“, am 10. September 1849 konnte das Internat von Brüssels Privatwohnung nun dorthin umziehen. Im März desselben Jahres ereilte Brüssel mit dem Tod seiner Frau Johanna zunächst ein erster Schicksalsschlag. Am 7. November 1849 heiratete der Witwer mit den zwei kleinen Kindern, Vögelein Philippine, die 1812 in Kirchheim geborene Tochter von Moses Lichtenfeld.
Die Schule genoss offensichtlich sehr bald einen guten Ruf und so reichte Brüssel 1854 bei der Gemeinde Segnitz einen Plan zur Erweiterung seines Internatsgebäudes ein. Zu dieser Zeit war er allerdings bereits schwer erkrankt und so erlebte er die weitere Entwicklung seines Schulwerkes nicht mehr. Er verstarb am 2. November 1855 und wurde in Rödelsee beigesetzt. Die weitere Geschichte des Internats findet sich in der Beschreibung des Brüsselschen Instituts. Die Familiengeschichte indessen wird mit Vögelein Philippine Brüssel sowie mit den Kindern aus Brüssels erster Ehe, Sophie und Moritz, fortgesetzt. Sophie heiratete 1859 den Brüsselschen Schuldirektor Dr. Simon Eichenberg (1829 – 1889). Sie verstarb 1909 in Marktbreit. Im Jahr 1895 wohnte dort bei ihrer Mutter auch Ida, eines der vier bekannten Kinder der Familie Eichenberg. Sie heiratete 1899 Dr. Salomon Schulhöfer (1865 – 1939) aus Biebergau und wurde 1942 von Würzburg aus nach Theresienstadt deportiert. Der Kaufmann und Vorstandsmitglied des Musik- und Gesangvereins Marktbreit Moritz Brüssel war bereits im Jahr 1888 in Marktbreit verstorben. Seine Stiefmutter Philippine Vögelein Brüssel starb am 6. März 1894 ebenfalls in Marktbreit.
Norbert Bischoff