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Bei der Gebietsreform im Jahre 1972 wurde u. a. der Landkreis Gerolzhofen aufgelöst und etwa je zur Hälfte den Landkreisen Schweinfurt bzw. Kitzingen zugeteilt. So kam die Stadt Prichsenstadt – zu der man 9 umliegende, ehemals selbständige Ortschaften eingemeindete – zum Landkreis Kitzingen.
In 5 der jetzigen Stadtteile (nämlich Prichsenstadt, Altenschönbach, Brünnau, Järkendorf und Kirchschönbach) gab es einst jüdische Mitbürger und es existierten dort Israelitische Kultusgemeinden – darüber hinaus konnte vor wenigen Jahren nachgewiesen werden, dass auch in Stadelschwarzach im 18. Jahrhundert jüdisches Leben existierte.
Die genannten Kultusgemeinden hatten fast ständig um ihre Existenz zu kämpfen, weil sie meist nur wenige Mitglieder hatten und dementsprechend auch die finanziellen Mittel für den Unterhalt des Gemeindelebens sehr beschränkt waren – so teilten sie sich z. B. häufig einen Religionslehrer, der zugleich als „Vorsänger” bei den Gottesdiensten und oft auch als Schächter tätig war.
Zu den ältesten Kultusgemeinden in Unterfranken zählte vermutlich auch die in der Stadt Prichsenstadt, wo möglicherweise schon kurz nach der Stadterhebung am 6. Januar 1367 Juden ansässig wurden. Erstmals im Jahre 1413 werden jüdische Einwohner genannt. Eine Kultusgemeinde existierte bis zur Deportation der letzten 10 jüdischen Einwohner im Jahre 1942.
Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts bestand in Altenschönbach mit etwa 160 Seelen (d. h. fast ein Drittel der Gesamteinwohnerschaft) eine der größten Kultusgemeinden des gesamten Umlandes. Wann genau die ersten Juden in Altenschönbach ansässig wurden, ist unbekannt. 1720 lebten dort aber schon 10 jüdische Familien. Die Mitgliederzahl nahm – wie auch in den Gemeinden Järkendorf, Brünnau und Kirchschönbach – mit der Aufhebung des Matrikelparagraphen im Jahre 1861 und der damit einhergehenden Möglichkeit der freien Wahl des Wohnorts – durch Wegzüge stark ab. Die Kultusgemeinde Altenschönbach existierte jedoch formal bis zur Deportation der letzten 6 jüdischen Einwohner im Jahre 1942.
In Järkendorf kam es vermutlich auch zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu Ansiedlung von jüdischen Familien, 1720 waren es zwei an der Zahl. Die Gemeinde war immer äußerst klein und kaum lebensfähig. Mit dem Wegzug der letzten jüdischen Familien um das Jahr 1890 erlosch die Kultusgemeinde endgültig.
Auch in Brünnau dürfte wohl die Ansiedlung der ersten jüdischen Familien im 18. Jahrhundert stattgefunden haben. 1890 wurde die Kultusgemeinde an die im nahegelegenen Gerolzhofen angeschlossen, um 1930 verließen die letzten jüdischen Einwohner den Ort.
Bereits 1552 sind in Kirchschönbach die ersten jüdischen Menschen nachweisbar. 1874 kam es nach dem Wegzug zahlreicher Mitglieder zur Vereinigung der Kultusgemeinde Kirchschönbach mit der Kultusgemeinde im benachbarten Altenschönbach. 1914 verließ die letzte jüdische Familie den Ort und zog nach Prichsenstadt.
Wegen der Zugehörigkeit der genannten Ortschaften zum Bezirksamt und späteren Landkreis Gerolzhofen war für die genannten Kultusgemeinden auch das Distriktsrabbinat Niederwerrn bzw. Schweinfurt zuständig.
Die Verstorbenen aus Järkendorf, Brünnau, Altenschönbach, Kirchschönbach und Prichsenstadt wurden deshalb auch nicht auf dem Jüdischen Bezirksfriedhof in Rödelsee bestattet, sondern auf dem Jüdischen Bezirksfriedhof in Gerolzhofen, der 1631/32 angelegt wurde. Nur mehr oder weniger vereinzelt kam es zu Beerdigungen in Rödelsee – etwa 3 aus Prichsenstadt in den Jahren 1825 bis 1834, 4 aus Altenschönbach in den Jahren von 1825 bis 1836 und beachtliche 30 aus Kirchschönbach in den Jahren von 1814 bis 1872.
Der Grund dafür dürfte wohl in den meisten Fällen die Tatsache gewesen sein, dass die Verstorbenen selbst oder ihre Familien aus Gemeinden im Einzugsbereich von Rödelsee stammten.
Als letzter aus der Großgemeinde Prichsenstadt wurde in Gerolzhofen der am 22. Februar 1942 im Alter von 96 Jahren verstorbene Vieh- und Pferdehändler Lippmann Rosenthal beerdigt.
Wolf-Dieter Gutsch