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Die jüdische Gemeinde Segnitz

Nur noch Weniges erinnert an die ehemalige jüdische Gemeinde von Segnitz. Einzige sichtbare Zeichen sind die Spuren einer Mesusa, einem Türpfostensymbol am Eingang der einstigen Synagoge und die drei Judenschranken an den früheren Ortsausgängen. Ein lebendiges Bild jüdischen Lebens in Segnitz liefert dagegen die umfangreiche Aktensammlung des Pfarramtes. Weitere Schriftstücke zur Segnitzer Judengeschichte finden sich im Gemeindearchiv Segnitz und in den Staatsarchiven.

Die ersten Nachrichten über jüdische Bewohner in Segnitz tauchen in einem Geleitsbrief des Markgrafen von Ansbach für einen Jud Simon aus dem Jahr 1598 auf. Im „Casteller Attestatum“, einem Protokoll der hochgräflich Castellschen Kanzlei vom 2. September 1684 wird ein „Abraham Jud aus Segnitz“ genannt. Über die Zahl der in Segnitz ansässigen Juden geben auch einige Berichte aus dem 18. Jahrhundert Auskunft. So wird im Jahr 1714 die Familie eines Ansbachischen Schutzjuden erwähnt. Vermutlich handelt es sich dabei um den Juden Schmul, dem Ahnherrn der Familie Ballin. Außer ihm werden 1714 noch vier jüdische Familien genannt. Pfarrer Salomon Heinrich Nachtrab, der offensichtlich ein Problem mit den ansässigen Juden hatte, beschwerte sich im Jahr 1732 beim Dekanat Uffenheim über das „hiesige Juden Volck dermahlen aus 5 Haushalten bestehend“. Im Jahr 1769 lebten in Segnitz fünf jüdische Familien mit insgesamt 25 Personen unter Zobelschen und Markgräflichen Schutz. 1797 sind schließlich 47 Zobelsche und 19 Preußische Schutzjuden im Ort registriert. 1817 haben dann 13 Israeliten mit ihren Angehörigen Heimatrecht. Die weitere Geschichte der Segnitzer Juden erzählt nun die Judenmatrikel des Pfarramts, ein lückenloses Verzeichnis aller Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle zwischen 1811 und 1875. 1848 machte das Brüsselsche Institut Segnitz als Schulort weltbekannt. Zu dieser Zeit lebten in Segnitz 18 Judenfamilien mit 79 Seelen, was einem Verhältnis von 1 zu 8 gegenüber den christlichen Dorfbewohnern entsprach. Das Zusammenleben zwischen Juden und Christen verlief offensichtlich ohne Probleme. Schließlich kam man sich außer beim Weinhandel geschäftlich kaum in die Quere. Die Juden nahmen am Gemeindeleben teil, verrichteten den für alle Bürger vorgeschriebenen Frondienst, waren im Gemeinderat vertreten, gehörten im Jahr 1865 zu den Gründungsmitgliedern der Brückenbaugesellschaft und 1874 zu den Gründern des Gesangvereins. Der Umgangston zwischen den jüdischen und den christlichen Institutionen im Ort bewegte sich sogar auf freundschaftlicher Ebene.

Mit der endgültigen Gleichstellung der Juden im Jahr 1871 begann allmählich auch die Auflösung der israelitischen Gemeinde von Segnitz. Die Juden konnten ihren Wohnsitz nun frei wählen und so kam es in den folgenden Jahren zum Wegzug aller Judenfamilien. Segnitz war zu dieser Zeit ohnehin kein idealer Platz für Handel und Gewerbe zumal der erste Brückenbauplan von 1865 gescheitert war. Da boten Marktbreit mit dem Eisenbahnanschluss und die großen Städte schon günstigere Entfaltungsmöglichkeiten. In der Segnitzer Pfarrchronik von 1913 heißt es: „die Judenfamilien, deren es vor 40 Jahren noch elf gab mit 36 Seelen, sind seit 1882 sämtliche vom Dorfe weggezogen, in welchem Jahr auch das Brüsselsche Handelsinstitut einging, das der Gemeinde in weiten Teilen der Welt Ansehen und Bedeutung verschaffte, die Segnitz seitdem nicht wieder erreichen sollte“.

 

Norbert Bischoff