Veranstaltungsbericht vom 21.02.2024
Der Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen hatte zu einer Vorstellung des Buches „Heulen mit den Wölfen – Der 1. FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischenMitglieder“ von Bernd Siegler aus Nürnberg eingeladen. Vor zahlreichen interessierten Zuhörenden berichtete Herr Siegler, der oft auch als „Historiker des FCN“ bezeichnet wird, über die Vorgänge, die zum Ausschluss von 142 jüdischen Mitgliedern am 30. April 1933 aus der Mitgliederkartei des FCN geführt haben. Moderiert wurde die Lesung von Diethart Bischof aus Fürth, Anhänger des FCN seit seinem 4. Lebensjahr.
Bernd Siegler hatte eher zufällig im Keller des Vereinsgebäudes am Valnerweiher mehrere Kartons entdeckt, die die Aktein von tausenden von Mitgliedern des FCN zwischen 1928 und 1955 enthielten. Ihm sind sofort Karteikarten aufgefallen, die alle mit Datum vom 30. April 1933 die Kündigung von jüdischen Mitgleidern enthielten. In gewissermaßen „vorauseilendem Gehorsam“ hatte der Vorstand des FCN diesen Schritt unternommen, bevor es von politischer Seite Anordnungen gegeben hat, jüdische Mitglieder aus den Vereinen zu entfernen. Deshalb hat Bernd Siegler seinem Buch auch den entsprechenden Titel gegeben.
Im Verlauf des Abends führte er aus, wie hart der Ausschluss die jüdischen Mitglieder getroffen hat, die sich bewusst als Zeichen ihrer Angehörigkeit zur deutschen Gesellschaft einem nicht-jüdischen Sportverein angeschlossen hatten. Zum anderen übte zur damaligen Zeit der Club als bereits 5-facher Deutscher Fußballmeister eine große Strahlkraft aus. Die wenigsten (7) waren Mitglied beim Fußball, eher Leichtathletik, Schwimmen und insbesondere Tennis waren sehr beliebt. An Hand von einzelnen Biografien, die Herr Siegler nach intensiven Recherchen zusammenstellen konnte, wurde ersichtlich, wie sehr die dann ehemaligen Mitglieder unter dem Ausschluss aus „ihrem“ Club gelitten haben. Die meisten konnten sich zum Teil auf abenteuerlichen Wegen ins Ausland retten– insbesondere USA und auch Palästina. 8 jedoch wurden verfolgt und in KZs ermordet.
Der Referent ging auch auf die Seite der Täter ein. Nicht anders als im restlichen Nachkriegsdeutschland wurden damalige Vorstands- und Führungspositionen wieder mit den Tätern von 1933 und danach besetzt, u.a. durch Ausstellen gegenseitiger „Persilscheine“. So wurde der Präsident Luwig Franz, der schon 1933 den Ausschluss angeordnet hatte, zwischen 1948 und 1963 erneut gewählt.
Zum Abschluss ging Bernd Siegler auch auf das aktuelle Vorgehen des Clubs zum einen im Rahmen der Aufarbeitung der Vergangenheit ein, aber auch auf die Präventionsarbeit als Reaktion auf zunehmende rassistische und antisemitische Ausschreitungen insbesondere bei Fußballspielen. So gibt es seit 5 Jahren durch Zusammenarbeit von TSV Maccabi Nürnberg und dem 1.FC Nürnberg einen „Jenö Konrad Cup“, der nach dem ehemaligen jüdischen Trainer des 1. FCN Nürnberg (1930 – 1932) benannt ist, der den Verein aufgrund antisemitischer Hetze insbesondere des Hetzblattes „Der Stürmer“ verlassen musste. Für Jenö Konrad wurde in der Nähe des Max-Morlock-Stadions ein Stolperstein verlegt. Desweiteren intensiviert der 1. FC Nürnberg die Aufklärungsarbeit an Schulen mit entsprechenden Informationsveranstaltungen u.a. durch Besuche in Flossenbürg und Dachau.
Die zahlreichen Zuhörenden dankten den Beteiligten mit lang anhaltendem Applaus – die weiteren Gespräche bei Getränken und Snacks, zu denen der Förderverein eingladen hatte, zogen sich noch weit in den Abend hinein.
Diethart Bischof
Fotonachweis: Margret Löther
Der Autor und Archivar Bernd Siegler (rechts) und Moderator Diethart Bischof im Gespräch.