„Im Tod sind alle gleich“ vermitteln die gleichartigen, schmucklosen jüdischen Grabsteine des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Bis zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) prägte ausschließlich die – hebräische oder aramäische – Schrift deren Erscheinungsbild.
Schlichte hölzerne Tafeln erinnerten sogar bis ins 19. Jahrhundert an die Mehrzahl der Toten.
Mit Barock und Rokoko wurden aufwändige Verzierungen wie Blattwerk, Säulchen, Ornamente, Girlanden, „Vorhangdekor“ an den Mazevot angebracht.
Daneben wurden zunächst traditionelle religiöse Symbole aufgegriffen. So weisen Menora (siebenarmiger Leuchter) und Magen David auf den Schabbat hin, Gesetzestafeln auf einen Rabbiner oder Gelehrten. Neben Grabsteinen mit Tiersymbolik (Löwen, Hirsche) finden sich weltliche Symbole der Vergänglichkeit – Sanduhr, geknickte Rosen, Kriegsgerät auf dem Gefallenendenkmal.
Margret Löther
Literatur: Daxelmüller, Christoph: Der Gute Ort. Jüdische Friedhöfe in Bayern, Augsburg 2009
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Segnende Hände kennzeichnen den Grabstein eines Angehörigen aus dem Stamm der Priester (Kohen). Sie beziehen sich auf den aaronitischen Segen (Moses 6, 24-27): „Der Herr segne dich und behüte dich …“. Bild anzeigen
Eine Kanne verweist auf männliche Nachkommen aus dem Stamm Levi. Die Leviten verrichteten den Tempeldienst und wuschen den Kohen (Priestern) vor dem Priestersegen symbolisch die Hände.
Ein Horn trägt der Grabstein eines Schofarbläsers. Der Schofar ist ein aus dem Horn eines Widders gefertigtes Instrument, das nur rituell eingesetzt wird. So an Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrsfest.
Ein Messer und medizinische Hilfsmittel finden sich auf der Mazzewa des Mohel (Beschneiders). Seine verantwortungsvolle Aufgabe am 8. Tag nach der Geburt eines Knaben symbolisiert den Bund G´ttes mit dem Volk Israel.
Eine Krone steht für Macht und Kraft, Eigenschaften der Verstorbenen – die Frau als „Krone des Hauses“ trägt die „Krone des guten Namens“ - und zitiert die Bibel: „ … der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit“ (Psalm 103,4).
Kranz und Ring symbolisieren in der jüdischen wie christliche Trauerkultur den mit dem Tod vollendeten Lebensweg eines Menschen: ein Lebenskreis hat sich geschlossen. Palmzweige gelten als Zeichen der Freude, des Friedens und des Sieges.
Mohnblüten und -kapseln versinnbildlichen in der christlichen und jüdischen Sepulkralkunst den ewigen Schlaf nach dem Tod.
Baumstamm und Anker verbinden sich zu einer komplexen Aussage: Wie auch unter den auffälligen abgebrochenen Säulen ruht unter dem Baumstamm ein vor dem Erwachsenenalter verstorbener Mensch. Sein Angedenken bleibt in der Erinnerung seiner Lieben verankert.