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Die Obernbreiter Synagoge

Über die Frühgeschichte der Obernbreiter Jüdinnen und Juden ist wenig bekannt. Sicher nachweisbar ist, dass jüdische Personen seit dem 16. Jahrhundert im Ort wohnten. Seitdem wuchs die jüdische Gemeinde stetig an. 1748 wurde eine Synagoge errichtet, deren Bausubstanz bis heute erhalten geblieben ist.

 

Nach der Eröffnung der Bahnlinie Treuchtlingen-Würzburg, die an Obernbreit ohne Haltepunkt vorbeiführte, wanderten viele jüdische Personen aus Obernbreit ab. Sie verlegten ihre Wohnungen und Läden nach Marktbreit oder wanderten nach Amerika aus. 1904 wurde die jüdische Kultusgemeinde mit der in Markbreit zusammengelegt.

 

1912 verkaufte die jüdische Kultusgemeinde das Synagogengebäude an einen Bauern. Die Gemeinde war zu klein geworden, um einen gültigen Gottesdienst zu feiern. Auf diese Weise entging das säkularisierte Haus der Zerstörung 1938.

 

Zwischen 1912 und 2005 hatten sieben Eigentümerinnen und Eigentümer die einstige Synagoge als Scheune, Reparaturwerkstatt oder Lagerhalle genutzt und umfangreiche Umbauten vorgenommen. Was für den jeweiligen Verwendungszweck nicht benötigt wurde, riss man heraus und baute das Innere nach eigenen Bedürfnissen um: Die Frauenempore, die über dem Kellerhals zur Mikwe lag, wurde komplett entfernt, in die Südmauer eine große Öffnung gebrochen, der Boden gleichmäßig mit einer 15 cm dicken Betonschicht ausgeglichen und zwei Zwischenböden eingezogen.

 

Viele Jahrzehnte erinnerte nur der Chuppastein (Hochzeitsstein) an der Nordfassade der ehemaligen Synagoge an die Bedeutung des Gebäudes. Dieser war durch Putz und Farbe verdeckt und verwittert in einem schlechten Zustand.

 

Der entscheidende Anstoß zur Entdeckung der Bedeutung kam schließlich von außen. Die Frau eines Londoner Rabbiners machte darauf aufmerksam. Pfarrer Walz ließ anlässlich seines 60. Geburtstags den Stein im Jahr 1997 restaurieren. Der Stein wurde daraufhin unter Denkmalschutz gestellt, später das gesamte Gebäude.

 

2005 konnte der Träger- und Förderverein ehemalige Synagoge Obernbreit e.V. das Gebäude erwerben und gestaltete es zu einem Ort des Erinnerns und der Begegnung um.

 

2007 konnte auch die Mikwe, das charakteristische jüdische Ritualbad, der Öffentlichkeit präsentiert werden. Viele Jahre lag es zugeschüttet unter Schutt und einer dicken Betonschicht.

 

Von seiner Existenz wusste man aus einer Familienchronik. Hierin beschreibt der in Obernbreit geborene Josef Sänger 1928 das Bad: „Eine Treppe [führte] zur Mikweh, die einen Brunnen hatte.“ Man machte sich auf die Suche und konnte nach vielen hundert Arbeitsstunden das Tauchbad und die vielen Sandsteinstufen freilegen. Mit der Tiefe ca. 9 Meter unter dem Gebäude –, den 45 originalen Sandsteinstufen und dem Erhaltungszustand ist die Obernbreiter Mikwe einmalig in Unterfranken.

 

Friedrich Heidecker