Dettelbach besaß im 19. Jahrhundert eine lebendige jüdische Gemeinde. Zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionen herrschten offensichtlich ein gutes Verhältnis und ein offenes Miteinander. Das zeigt beispielsweise ein Bericht über die Einweihung der Dettelbacher Synagoge am 18. September 1862. Demnach gehörten zum feierlichen Zug von der alten in die neue Synagoge neben dem Religionslehrer und dem Rabbiner „die königlichen Beamten hiesiger Stadt in Uniform, das Stadtkollegium, die israelitische Kultusgemeinde, eine große Anzahl christlicher Mitbürger, meist den höheren Ständen angehörig, und eine Menge auswärtiger Fremder […]“.
Das friedliche Miteinander der Religionen zeigt auch das Rezeptheft der Jüdin Frieda Mannheimer (geboren 1899 in Dettelbach), der Tochter des Dettelbacher Lehrers Abraham Mannheimer, das sich bis heute erhalten hat.
Es handelt sich um ein kleines Notizheftchen, in dem die Seiten mit einem roten Register zum leichteren Aufschlagen markiert sind. In altdeutscher Schreibschrift sind die Rezepte nacheinander in das Büchlein per Hand eingetragen.
Die aufgeschriebenen Rezepte sind keine speziell jüdischen Gerichte, vielmehr sind es Rezepte für Plätzchen und Kekse, wie z.B. Zimt-Sterne, Anis-Plätzchen, gebrannte Mandel usw. Es finden sich die klassischen Rezepte für Weihnachtsgebäck wie Ulmer Brot, Kekse oder Marzipan Kartoffeln neben ähnlichen Rezepten jüdischer Hausfrauen, wie „Frau Friedmann“, „Sara Kohn“ oder „Frau Sichel-Nürnberg“.
Als spezifisch jüdisch ist in den Rezepten nur ein Produkt, nämlich die koschere Margarine von der Marke „Tomor“ genannt.
Die Herkunft der Rezepte wurde von Frieda Mannheimer dokumentiert. Unter dem 5. November 1938 ist ein Rezept für „Gewürz-Blätzchen“ aufgeschrieben mit dem Zusatz „von Frau Friedmann“. Das ist insofern interessant, da es sich bei Frau Friedmann um die jüdische Lehrersfrau aus der Nachbargemeinde Mainstockheim handelt, die mit ihrer Familie in der dortigen Synagoge wohnte.
Wenige Tage nachdem Frieda das Rezept aufgeschrieben hatte, wurde die Mainstockheimer Synagoge am 9. /10. November 1938 zerstört.
Frieda Mannheimer wurde mit zwei ihrer Schwestern im April 1942 aus Dettelbach nach Izbica/Lublin deportiert, ihr Vater, der Lehrer Abraham Mannheimer, wurde einige Monate später nach Theresienstadt verschleppt. Das Rezeptheftchen wurde von einer befreundeten Familie in der christlichen Nachbarschaft weitergeführt, über die es letztendlich als Schenkung den Weg in die Kitzinger Synagoge fand.
Julia Müller-Halbleib